Ich hatte bereits angekündigt, dass der Düsseldorfer Anwalt Carlos A. Gebauer, gemeinsam mit seinem als Prozessbevollmächtiger agierenden Kollegen Dr. von Herget einen Grundsatzprozess gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk führt – dies im Namen einer bayerischen Klägerin, die mit der Schlagseite von ARD und ZDF unzufrieden ist.
Heute hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Es war der erste Grundsatzprozess vor dem Bundesverwaltungsgericht, in dem es wesentlich um die politische Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und um die Erfüllung des gesetzlichen Programmauftrags geht.
„Gewonnen“, signalisierte mir Carlos A. Gebauer aus Leipzig. Das Gericht gab der Klägerin recht, die Unausgewogenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunksbeklagt hatte. Es befand, Beitragszahlung sei nur bei umfassender, vielfältiger Information der Bürger zu leisten. Das Verfahren wird an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen, an dem die Klägerin zuvor gescheitert war. Es fehle an der „verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Beitragspflicht“, wenn das Programm des ÖRR die Anforderungen an die „gegenständliche und meinungsmäßige Vielfalt und Ausgewogenheit über einen längeren Zeitraum gröblich verfehlt.“ so das Gericht.
Steht die Finanzierung von ARD, ZDF und DLF in Höhe von jährlich 8,8 Milliarden Euro jetzt auf der Kippe? Anwalt Carlos A. Gebauer:
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte sich hinter seiner Programmautonomie einen der externen Kontrolle unzugänglichen Raum geschaffen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit diesem Urteil die Sender wieder in die Rechtsordnung zurückgeholt. Wer Beiträge zahlt, muss auch die Möglichkeit haben, seinen Gegenleistungsanspruch einzuklagen.“
Der Düsseldorfer Anwalt postet auf X: „Prima Vista hat das Bundesverwaltungsgericht mit dieser Entscheidung einen äußerst interessanten wechselseitigen Kontroll- und Überprüfungsblick aller Anstalten jeweils auf einander induziert. Denn wenn die erkennbaren Defizite eines Senders nicht durch ein Gegensteuern aller anderen ausgleichend aufgefangen werden, stürzen alle in die Verfassungswidrigkeit.“
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind nach dem Medienstaatsvertrag in besonderer Weise zu Einhaltung der journalistischen Sorgfalt, aber explizit auch zu Vielfalt, Ausgewogenheit und Objektivität bei der Berichterstattung verpflichtet.
Fest steht: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ab heute nicht mehr sakrosankt. Anwalt Gebauer rechnet jetzt mit einer Flut von Klagen.