Ruhrbischof Overbeck und ZEIT-Chef di Lorenzo: Theologisches Gespräch im Ständehaus

Dezember 7, 2010

Was der Caterer GCS den 550 Gästen des Ständehaus-Treff servierte, war gewohnte Kost: Gans, wie immer beim letzten Treff des Jahres. Das Interview, das ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo mit Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck führte, war dagegen ein gänzlich ungewohntes Format: Der Talk geriet zu einem theologischen Diskurs.

Der Ruhrbischof, mit 46 Jahren der jüngste Deutschlands und erkennbar ein Intellektueller, hatte mit di Lorenzo einen Gesprächspartner gefunden, der sich ernsthaft dafür zu interessieren schien, wie dieser Mann tickt. Overbeck gab sich offen, bekannte das Entsetzen seiner Mutter – „wegen des Zölibats“ – als er sich für die Kirche entschied, sprach ohne Zurückhaltung über Mißbrauchsfälle in seinem Bistum und der Kirche insgesamt. Der Bischof: „Mißbrauch zerstört Vertrauen.“

Overbeck, der sich auf Nachfrage dazu bekannte, seine Soutane bei Filippo Gammarelli, dem Papst-Schneider seit Pius X, maßschneidern zu lassen (ein bischöfliches Outfit kostet rund 6000 Euro), erntete zwar starken Applaus aber auch Kritik.  Anwesende Schwule zeigten sich empört über die Wiederholung der Overbeck-These, dass Homosexualität Sünde sei. Weitere Gäste zogen direkte Vergleiche zwischen dem Wohlstand der Kirche, optisch durch das Kreuz und die schwere Goldkette um den Hals des Bischofs dokumentiert und dem Engagement des berühmten Düsseldorfer Cellisten Thomas Beckmann. Der war, auf Vorschlag von RP-Chefredakteur Sven Gösmann, von 50 Chefredakteuren zum „Bürger des Jahres 2010“ gewählt worden. Im Interview mit Gösmann legte Beckmann mit anrührenden Worten dar, wie er zu seinem Engagement für Obdachlose gekommen war. Der Cellist hat 1,5 Mio. Euro für Obdachlose gesammelt und unterstützt Hunderte von Projekten in ganz Deutschland.

Im Anschluss sammelte Beckmann Visitenkarten ein, viele gaben auch Geld dazu. Beckmann: „Jeder von Ihnen kann doch etwas, das uns weiterhilft.“