SENSATION: Air Berlin kauft LTU – dazu enge Kooperation mit Condor – Achim Hunold setzt neue Ziele
März 27, 2007
Macher: Achim Hunold – Foto: www.hsbuehler.com
Das ist eine echte Sensation: Air Berlin übernimmt zu 100 Prozent die LTU – Zustimmung des Bundeskartellamtes vorausgesetzt. Die Notarverträge wurden gestern Abend unterzeichnet, heute am frühen Morgen gab Air Berlin die Presseinformation heraus. Danach soll der Name LTU, deren Belegschaft jetzt aufatmen kann, auf absehbare Zeit erhalten bleiben, außerdem soll die LTU ihre Selbstständigkeit behalten. Weitere wichtige Nachricht von Air Berlin: Das Code Share-Abkommen mit TUIFly wurde aufgekündigt, jetzt will Air Berlin mit der Condor im Marketing-Verbund fliegen. Grund für die Aufkündigung des Abkommens mit TUIFly ist die Namensgebung, auf deren Unsinnigkeit wir hier auch schon deutlich hingewiesen haben. Der Kaufpreis für die LTU beträgt laut Air Berlin 140 Mio. Euro. Zusätzlich würden zwischen 190 und 200 Mio. Euro an Nettofinanzverbindlichkeiten der LTU übernommen.
„Mit der Übernahme der LTU folgen wir den Wünschen des Marktes. Viele unserer Kunden, die vor allem unseren Service schätzen, fordern schon seit Jahren, dass wir auch Langstrecken anbieten. Das können wir jetzt tun, weil wir mit unseren europäischen und unseren innerdeutschen Verbindungen über das erforderliche Zubringer-Netz verfügen“, erklärte Air Berlin-Chef Achim Hunold. Durch die Übernahme der LTU ergäben sich jährliche Synergien zwischen 70 und 100 Mio. Euro. Bis zuletzt hatten Branchen-Auguren auf ein Zusammengehen von Air Berlin und Condor gesetzt, was womöglich der Lufthansa nicht recht war. Spiegel-Luftfahrt-Schreiberin Dinah Deckstein hatte sich noch gestern weit rausgehängt und die Bekanntgabe eines solchen Deals für Juni prophezeit.
Mit dem Schritt sprengt Air Berlin die bislang selbst gesetzten Grenzen der Europa-Fliegerei und steigt auch in das Fernstrecken-Geschäft ein. Hunold hatte, gemeinsam mit Werner Huehn, die LTU zur jetzigen Größe aufgebaut, bevor der damalige Eigner WestLB, namentlich der mittlerweile verstorbene Friedel Neuber, das Erfolgsduo an die Luft setzte, weil es ihm nicht genehme Strategien verfolgte. Neuber hatte übrigens Achim Hunold gegenüber später zugegeben, dass er damit einen Fehler gemacht habe.
Die 93 Flugzeuge im Air Berlin-Verbund und die 26 Maschinen der LTU, davon elf Langstreckenflugzeuge, machen Air Berlin mit dann 119 Flugzeugen zur viertgrößten Airline Europas – hinter Ryanair, Air France/KLM und Lufthansa. Der Marketing-Verbund mit der Condor (36 Flugzeuge) ist ein weiterer Machtfaktor. Air Berlin beförderte letztes Jahr 16,8 Mio. Passagiere, während LTU 5,3 Mio. Menschen transportierte. Doch Macher Achim Hunold wird sich mit Rang 4 nicht zufrieden geben. Der nächste Erwerb ist schon in der Pipeline – er will 49 Prozent der kleinen Schweizer Airline Belair schlucken.
Hier die offizielle Presseinfo der Air Berlin dazu.
Der Flughafen Düsseldorf begrüßt die heute bekannt gegebene Akquisition der LTU durch Air Berlin. Airport-Chef Christoph Blume: „Wir freuen uns, dass die weitere Entwicklung der LTU eine solide Basis hat. Von dem Zusammenschluss erwarten wir Synergieeffekte in der Flugplanabstimmung und eine sinnvolle Erweiterung des Destinationenportfolios.“ Blume sieht auch positive Effekte im Code Sharing mit Condor.
„Air Berlin hat es mit LTU so schwer wie noch nie„, meint die Düsseldorfer Wirtschaftswoche.
LTU: Nun doch ein Investor vor dem Einstieg?
Februar 25, 2007
Jürgen Marbach kündigt Investor an
Steht der LTU doch der Einstieg eines Investors bevor? „Drei mögliche Investoren haben bei uns eine genaue Unternehmensprüfung durchgeführt“, sagte Jürgen Marbach, Geschäftsführender Gesellschafter der LTU, der Welt am Sonntag von heute. Laut Marbach will einer der Investoren die LTU komplett übernehmen, wobei er seine Anteile jedoch „eigentlich nicht verkaufen“ wolle. Der gelernte Touristiker ist mit 45 Prozent an der LTU beteiligt, der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl hält mit 55 Prozent die Mehrheit. Wöhrl hatte angekündigt, sein Investment bei der LTU im nächsten Jahr zu beenden. Die von Wöhrl für einen symbolischen Euro gekaufte Airline dba hatte der Unternehmer bereits gewinnbringend an Air Berlin weiter veräußert.
Einigung vor Ende März möglich
Marbach hält es laut Nachrichtenagentur ddp für möglich, dass noch im ersten Quartal dieses Jahres der Name des neuen Investors bekannt gegeben wird. Im Gespräch seien Condor und Air Berlin. Schon vor Monaten hatte Marbach Condor als Wunschpartner bezeichnet. Air Berlin könnte mit einem Einstieg ihr Streckennetz um Verbindungen auch außerhalb Europas ergänzen. Allerdings ist das Langstreckengeschäft ganz anderen Risiken unterworfen als die Business- und Touristikfliegerei innerhalb Europas. Air Berlin-Chefpilot Achim Hunold, der einst die LTU gemeinsam mit Werner Huehn führte, kennt diese Risiken bestens …
Problemstart: die neue TUIfly.com
Hunold hatte zwar erst kürzlich im Marketing Club Düsseldorf geäußert, er könne sich vorstellen eine weitere Airline zu übernehmen. Aber vielleicht steht bald die neue TUI-Airline TUIfly zum Verkauf. Der ohnehin sehr umstrittene TUI-Chef Michael Frenzel hat mit der Umbenennung der Airline einen kapitalen Fehler gemacht, der ihn möglicherweise den Job kostet. Es war gewiss richtig, die TUI-Airlines HLX und HapagFly zusammen zu legen, doch eine Fehlentscheidung sie TUIfly zu nennen. Warum sollte ein Reiseveranstalter – und TUI ist bei der Auslastung auf fremde Reiseveranstalter angewiesen – seine Gäste mit einer Airline befördern, die genauso wie sein größter Konkurrenzveranstalter heißt? Zum zweiten verband Frenzel durch die Namensgleichheit ganz besonders leichtsinnig das Image des Veranstalters TUI mit dem der Airline TUIfly. Ein Problem bei der Airline trifft den Veranstalter und umgekehrt. Abseits des Namensschnitzers stellt sich auch die Frage, ob die Vertikalstrategie mit mehreren Wertschöpfungsstufen, die in der Branche früher richtig war, bei der veränderten Marktlage überhaupt noch Sinn macht.
Katastrophale Folgen
Dass Thomas Cook ihre Condor mit der LTU zusammenlegen will, würde wohl mehr Sinn machen als alles andere. Das Thema hatten wir erst kürzlich. Die Condor – ein Blick zurück – ein Musterbeispiel dafür, wie die Umbenennung einer Airline in die Hose gehen kann. Sie wurde mal unter einem Marketing-Genie namens Stefan Pichler mit dem Namen Thomas Cook versehen. Pichler arbeitet heute in Australien und die Thomas Cook-Airline hat ihren Traditionsnamen Condor wieder.
Nachtrag: Das „Wirtschaftsblatt“ heute über TUI-Frenzels Fehlentscheidungen und den Aktienkurs
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