Ex-Islamist Barino B. aus Köln („Koran im Kopf“) sagt im Interview, warum er kein Muslim mehr sein wollte

August 28, 2008 by  

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Barino B. – der WDR verfilmte seine Radikalisierung im Islam und seine Abkehr

Der WDR-Film „Koran im Kopf II“ gestern zeigte die Abkehr des 23jährigen Kölners Barino B. vom Islam. Nachdem er in einer Kölner Moschee so radikalisiert worden war, dass er sogar Sympathie für die – gescheiterten – Kofferbomber zeigte, ist er jetzt Mitglied der Düsseldorfer Gemeinde der koptisch-orthodoxen Kirche und hat sich auch in Düsseldorf taufen lassen. Nach dem Film beantwortet Barino heute Fragen des „Düsseldorf Blog“:

Wie lang haben Sie sich dem Islam zugehörig gefühlt?

Barino: Von Ende meines 17. bis zum Angang meines 23 Lebensjahres. Natürlich habe ich an einem bestimmten Tag das islamische Glaubensbekenntnis zum ersten Mal gesprochen, und natürlich gab es dann „den Tag“, an dem ich das islamische Gebet nicht mehr verrichtete, aber es sind doch fließende Übergänge gewesen.

Es gibt Menschen, die glauben, dass Sie sich zum Zeitpunkt der Ausstrahlung von „Koran im Kopf“ bereits nicht mehr als Muslim gefühlt haben. War das so oder wann war dieser Punkt erreicht?
Barino: Die Zeitspanne zwischen der letzten Aufnahme und der Ausstrahlung war ein halbes Jahr. Zur Zeit der Ausstrahlung habe ich mich noch als Muslim gefühlt. Es gab aber schon immer eine Kluft zwischen dem was ich fühlte und was meine innere Stimme mir sagte und dem was ich glauben und akzeptieren musste um Muslim zu sein. Die Kluft wurde immer größer je mehr ich über das islamische System wusste. Anfangs wusste ich nur, dass es Pflichtgebete gab usw., da gab es in mir noch keine Konflikt, ich war sehr glücklich in meiner Religion. Mit mehr Wissen kam auch mehr inneres Konfliktpotenzial hinzu, was in mir anfangs zu Widerstand führte, doch habe ich mich zu diesem Zeitpunkt ja schon als Muslim gefühlt, und hatte darauf vertraut, dass es schon richtig sei. So stieg mein Vertrauen und ich zwang meine innere Stimme immer leiser zu werden. Zur Zeit der letzten Aufnahmen habe ich meine innere Stimme stumm geschaltet.
Die Konfrontation mit mir selbst, auch über die Aufnahmen, in denen ich mich selbst sah und mich mit Abstand in der 3.Person betrachtete, hat sicherlich zu dem Prozess der Infragestellung beigetragen. Es ist alles sehr komplex was in mir vorging und nicht in ein paar Sätzen zu erklären
Gab es einen oder mehrere Hauptgründe dafür, dem Islam den Rücken zu kehren?

Barino: Ein klassisches „Schlüsselerlebnis“ gab es nicht. Es war wohl die Summe der inneren Konflikte die immer wieder hoch kamen. Eine kleine Anekdote: Ich saß in der Moschee und las den Koran. Da kam ein Junge zu mir, ca. 14 Jahre alt, und erzählte mir, dass er in einer anderen Moschee war [den Ort und den Namen möchte ich nicht nennen] und dort wurde ihm und den anderen Jungen in einer kleinen überschaubaren Runde gesagt, sie sollen sich kleine Hühner besorgen und ihnen die Köpfe abschlagen. Dies um sich vorzubereiten auf die Zeit, die der sie den Juden die Köpfe abschlagen müssen. Ich war ja schon viel gewöhnt, aber das hat auch mich durch gerüttelt. Ich dachte nach und wollte ihm eine Antwort geben, die diese Aussage verurteilte, doch war das einzige was mir in den Kopf kam ein Hadith Mohammeds, in dem er sagt: „Es wir eine Zeit kommen, da wird selbst der Stein sagen, O Muslim, hinter mir ist ein Jude! Komm und schlag ihm den Kopf ab!“ Dieser Prediger hatte recht. Laut Mohammed wird diese Zeit kommen und keiner kann sagen wann. Was sollte ich sagen? Meine innere Stimme sagte mir, das ist falsch und ich verabscheute es innerlich, doch war es Teil meines Glaubens. Ich guckte den Jungen an und versuchte ehrlich zu antworten. Ich sagte ihm, dass ich persönlich ein Problem mit dieser Tatsache habe und ich es schlimm finde, doch dieser Prediger hat sich sicherlich auf diesen Hadith bezogen und ich erzählte ihm diesen Hadith. Dies ist nur ein kleines Beispiel von dem was ich alles erlebte und mit dem ich mich immer wieder konfrontieren musste.

Wir hatten die Reformation, die Aufklärung. Gibt es eine Chance für eine tiefgehende Erneuerung des Islam mit der Abkehr von archaischen und zum Teil menschenverachtenden Regeln und Vorstellungen?
Barino: Bei jeder Rede, die ein islamischer Redner beginnt, zitiert er den Propheten Mohammed und sagt sinngemäß: „… jede Erneuerung in der Religion führt ins Höllenfeuer.“ Damit ist die Frage eigentlich schon beantwortet, aber ich möchte gerne noch auf den Begriff Aufklärung eingehen.

Dieser Begriff wird, glaube ich, häufig falsch verstanden. Aufgeklärt, so scheint es mir, ist für den Westler, alles was westlich ist. Ich verstehe die Aufklärung so: Sie bringt das Wesen des Systems, über das aufgeklärt wird, zum Vorschein. Der Islam ist auch ein politisches System in dem diese, wie sie sagen, „menschenverachtenden Regeln und Vorstellungen“ Teile der Rechtsvorstellung sind. Diese Urteile gehören zum Islam genauso wie das Gebet und die Pilgerfahrt. Der aufgeklärte Muslim, ist sich dieser Tatsache bewusst. Als Moslem, der gegen Säkularität ist und beispielsweise die Ermordung von Apostaten, die Auspeitschung oder Steinigung der Ehebrecher etc. legitimiert, ist nicht unaufgeklärt, sondern aufgeklärt. Er weiß aber auch, dass diese Urteile nicht in Anarchie ausgelebt werden können und arbeitet daher auf politische Macht hin. Ich rede hier wirklich nur von den aufgeklärten Muslimen, diejenigen, die man gerne Islamisten nennt, nicht von den Kulturmuslimen, diese sind in ihrer Anti-Scharia-Haltung aus islamischer Sicht unaufgeklärt. Es kann niemals einen erneuerten Islam geben, dass lässt sein Kern einfach nicht zu und wird dem Propheten Mohammed nicht gerecht, doch kann es ein nichtislamisches System geben mit islamischen Elementen.

Die Sinnsuche scheint für Sie wichtig zu sein. Doch wie ist es zu erklären, dass Sie in sehr kurzer Zeit nach der Abwendung vom Islam in der koptisch-orthodoxen Kirche in Düsseldorf bereits eine neue spirituelle Heimat gefunden haben?

Barino: Die koptisch-orthodoxen Kirche ist für mich ein Ort, an dem ich Gott mit Gleichgesinnten erfahren kann. Die Koptische-Orthodoxie steht für mich nicht im Mittelpunkt, sondern Jesus.

Die Abwendung vom Islam und die Annahme Jesu Christi gingen parallel einher. Eines Tages bereitete ich einen Vortrag in der Moschee über die Person Jesus aus islamischer Sicht vor. Dazu las ich auch in der Bibel um Vergleiche anzustellen. Das war nicht der Grund dafür, dass ich mich vom Islam abgewendet habe, aber es erinnerte mich in meiner Zeit der Abwendung vom Islam daran, dass es da noch etwas gibt. Während meiner Abwendung las ich immer mehr im neuen Testament und war begeistert von diesem Jesus. Alle Konflikt die ich mit dem Islam hatte, beantwortete er mir in seiner Lehre, mit den selben Worten, die diese innerer Stimme, die mich darauf aufmerksam machte, dass da etwas in der Lehre Mohammeds nicht richtig sein kann. Ich erkannte später diese innere Stimme als Jesus Christus.

Der Pastor der koptisch- orthodoxen Kirche meldete sich nach der Ausstrahlung des Films bei mir und lud mich ein. Er war der Erste und Einzige, der mit mir als Christ in den Dialog eintreten wollte, und es mit seiner Erfahrung mit dem Islam auch konnte. Ich öffnete mich immer mehr, und erkannte für mich persönlich bei Jesus, der diese innere Gewissensstimme in mir war, den Weg, den ich gehen möchte. Es ist eine persönliche Erfahrung mit Jesus die ich nicht formal beschreiben kann und die nur in meinem Herzen statt fand und nicht nach außen hin sichtbar ist. Ich will keinen von meinem Glauben überzeugen, denn das ist unmöglich. Der Glaube ist eine Herzensangelegenheit, die nur durch eine persönliche Erfahrung mit Gott von innen heraus geschehen kann. Alles andere ist Ideologie.

Ich bin nicht von einer in die andere Ideologie gefallen, denn Jesus ist keine Ideologie. Er wohnt in meinem Herzen und wirkt von innen heraus. Er schenkt mir Freiheit und fordert mich zum Mitdenken auf. Er gibt mir kein System von „Richtig – Falsch“ an die Hand, sondern will mich im Glauben wachsen sehen und mir immer mehr Erkenntnis schenken. Im Islam fühlte ich mich mit der Zeit wie in einem Kerker. Alles was ich denken durfte stand schon geschrieben. Mit Jesus habe ich die Welt offen vor mir.

Ich weiß, dass die Verschwörungstheorien über mich jetzt hochkochen werden, aber dies geschieht nur um die eigentlichen Themen die weh tun zu meiden. Frei nach dem Motto, wenn wir Barino demoralisieren und für verrückt erklären haben, haben wir bewiesen, dass Islam doch Friede bedeutet. Greift doch die Themen auf, die ich auf meiner Website www.dasistislam.de aus dem Arabischen übersetzt habe und beweist das Gegenteil an Hand der Quellen, nicht anhand meiner Person. Ich bin doch nicht größer als der Islam. Wieso können wir nicht in einen Dialog einsteigen, der nicht Personen in den Mittelpunkt rückt, sondern die Religion. Vielleicht kommen wir ja auf den Schluss, dass der Friede einfach nur falsch verstanden wird, und ein gläubiger Muslim in einfach anders definiert, und kann daher mit reinem Gewissen behaupten Islam heißt Friede, aber es ist halt ein anderer Friede, als den, den ein Westler definiert. Vielleicht kommen wir auch auf einen ganz anderen Schluss. Was jetzt wichtig ist, davon bin ich überzeugt, ist die offene Diskussion über das Wesen des Islam. Und darum geht es doch auch, es geht doch nicht um mich.

Hier der link zu „Koran im Kopf II“ – die WDR-Doku in fünf Clips

spiegel.de: Wie Barino aus der Islamistenszene ausstieg

Kommentare

One Response to “Ex-Islamist Barino B. aus Köln („Koran im Kopf“) sagt im Interview, warum er kein Muslim mehr sein wollte”

  1. ExMuslim on August 29th, 2008 11:37

    Islam ist heilbar: Diese frohe Botschaft verkündet die Geschichte des Aussteigers Barino! Mögen es ihm möglichst viele (Noch-)Anhänger des Wüsten“gottes“ gleichtun, die bereits ahnen, dass mit ihrer Religion des „Friedens“ etwas faul sein muss, wenn diese unfriedliche Fanatiker und Gewalttäter hervorbringt wie keine andere.

    Barino nun wünsche ich ein möglichst sicheres Weiterleben. Dass Abtrünnige dieser m. E. ihrem innersten Wesen nach totalitären Politreligion mit Schikanen rechnen müssen, deutete der Imam der in der Sendung vorgestellten Moschee (hier in DEUTSCHLAND!) bereits an.
    Wobei „Schikanen“ untertrieben sein kann angesichts der Tatsache, dass nicht etwa fundamentalistische Verirrungen, sondern der orthodoxe (man könnte durchaus sagen: MAINSTREAM-)Islam die Tötung derer vorsieht, die sich von dieser „wundervollen“ Religion lossagen (man vergleiche hierzu etwa den Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Glaubensfreiheit_im_Islam , wo zu erfahren ist:

    „Die Glaubensfreiheit im Islam bedeutet nach islamischem Recht die Freiheit der Muslime, ihren Glauben auszuüben, und die Freiheit aller, den Islam anzunehmen. Muslime besitzen nicht das Recht, zu einer anderen Religion zu konvertieren. Das islamische Rechtssystem kennt weder das Recht, die Religion frei zu wählen, noch keiner Religion anzugehören.“

    Wie sagte jemand mal so schön: „Islam ist wie ehemalige DDR – ein Ausstiegsversuch kann tödlich enden“.

    Hoffen wir, dass dies Barino erspart bleibt.