Minister Horst Seehofer beim Düsseldorfer Ständehaustreff: „Herr Thierse ist nicht mehr mein Bundestagsvizepräsident“

November 20, 2007 by  

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Horst Seehofer gestern Abend im Düsseldorfer Ständehaus 

Hardcore-Talker Frank Plasberg („Hartaberfair“) gelingt es meistens, Menschen dazu zu bewegen, Interessantes über die Lippen zu bringen. Der gestrige Abend führte auch in dieser Hinsicht zu den gewünschten Ergebnissen. Beim „Ständehaustreff“, präsentiert von signa funds und VVA, sprach Plasberg mit Bundesminister Horst Seehofer und entlockte ihm ein schlagzeilenträchtiges Statement zu Wolfgang Thierse ob dessen mieser Äußerung über Hannelore Kohl.

Seehofer: „Der Wolfgang Thierse ist nicht mehr mein Vizepräsident des deutschen Bundestages – so geht man nicht mit Menschen um“.

Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, hoch kompetent im Amt, war wegen seines außerehelichen Babys lange unter Feuer. Darüber sollte Plasberg nicht reden, hatte Seehofers Pressereferentin mit dem Stichwort „Glashaus“ signalisiert, wie Plasberg freimütig bekannte. Das bezieht sich natürlich auf das Sprichwort, man möge nicht mit Steinen werfen, wenn man selbst im Glashaus sitze. Plasberg machte kürzlich selbst außereheliche Schlagzeilen, als er sich von seiner Frau trennte.

Horst Seehofer auf der Bühne – ein gewinnender, überaus symphatischer Kerl, bei dem man geneigt ist zu sagen: So wünsche ich mir einen Politiker. Mit Charme und Chuzpe, mit flüssigen Antworten ohne Wortstanzen, talkte der Minister sich in einen warmen Applausregen. „Das Krebsübel unserer Zeit“, etwa sagte er gleich zu Beginn, „sei die Bürokratie“. Soeben erst habe er in Brüssel den Hessen den Äppelwoi gerettet, dem die EUrokraten den Zusatz „woi“ streichen wollten, weil es ja kein Wein sei. Seehofer stellte klar, wie er die Rolle der EU sieht: Sie sei da für den Schutz der Menschen und man müsse sich ständig fragen, „ist dies zum Schutz oder eine Behinderung“.

Kalt erwischte Plasberg Seehofer mit der Frage, ob er ihm erklären könne, warum Edmund Stoiber kein Ministerpräsident mehr sei. Nein, konnte er nicht – und mußte selbst grinsen. Doch CSU-Grande Seehofer nutzte gleich die Chance, Stoiber zu loben. Er sei ein „erstklassiger deutscher Politiker“ mit Profil: „Manche Politiker mischen Kommentare mehrerer Zeitungen und geben das dann als ihre Meinung aus.“ So sei Stoiber eben nicht. Als Plasberg die oftmals spektakulären Versprecher-Kanonaden Stoibers ansprach, nahm Seehofer ihn gleichfalls in Schutz: „Sie bereiten sich eine Woche auf die Sendung vor, ein Politiker soll jede Minute bereit sein.“

Ob der neu ernannte EU-Entbürokratisierer Stoiber als veritabler Aktenfresser eigentlich für die Aufgabe geeignet sei, fragte Plasberg. Der Brüsseler EU-Chefsoze Martin Schulz meint: Auf keinen Fall. Doch Seehofer insistiert: „Gerade so jemand, der Akten mag, kann etwas bewirken“. Hört sich logisch an.

Sehr persönlich schilderte Seehofer seine schwere Krankheit (er stand auf der Liste als Herzempfänger), von der ihn nur eine Ausnahmeheilung erlöste. Er ließ mit einigen Sätzen spüren, worin die von ihm ausgestrahlte Gelassenheit ihren Boden hat: „Ich war schon alles, politisch tot, gesundheitlich angeschlagen auf der Intensivstation, wo man fragt, überstehe ich das und kriegt keine Antwort“.

Seehofer-Zitate aus der Abteilung „Bitte vervollständigen Sie den Satz“:

Mit Frauen in Führungspositionen….“ hat die CSU ihre Anpassungsprobleme“ (über Landrätin Pauly)

Über das Jahr 2007 kann man sagen…“dass ich nicht von Freunden umzingelt war.“

Herdprämie ist…“das Unwort des Jahres“

Viel Beifall erntete Seehofer auch für seine Anforderungen an Politiker: „Es muss immer das Streben nach Erstklassigkeit vorhanden sein, wenn man im Bundestag ist.“

Resümee: So symphatisch hat sich in 33 Ständehaus-Treffs noch kein Politiker präsentiert, langanhaltender Applaus dankte dem Mann aus Bayern.

Und noch eine Ausnahme bot Ständehaustreff-Organisator Axel Pollheim – erstmalig Klassik: Uwe Adamla, Deutschland-Bevollmächtigter der UBS-Bank, präsentierte acht internationale Musiker des renommierten UBS Vervier Festival Orchestra, das am Samstag in der Tonhalle zu hören sein wird (ausverkauft!) mit dem Schubert Oktett. Ganz erstaunlich: 30 Minuten lang herrschte Ruhe.

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