Alkproblem in Düsseldorf – „Null Toleranz“ à la Rudy Giuliani?
August 14, 2007 by osi
Machte New York sicherer: Rudy Giuliani
Ich erinnere mich an diverse New York-Besuche in den 1970er und 1980er Jahren. Edward Koch war Bürgermeister. New York, auch Manhattan, war damals ein gefährliches Pflaster, die Bronx ohnehin. Noch heute sind die damaligen Zustände Teil unserer Umgangssprache („Da sieht’s aus wie in der Bronx“). Auch das heute extrem trendige und sündteure SoHo mied man damals – aus Sicherheitsgründen.
Eine New Yorker Bekannte riet mir Ende der Siebziger, unbedingt „Mugger’s Money“ einzustecken, wenn ich abends ausging. Man mußte, und New Yorker hielten sich daran, 20 bis 50 Dollar zumindest griffbereit haben, die man einem Crack-Junkie, der sich plötzlich mit gezücktem Messer oder einer Pistole vor einem aufbaute, zur Vermeidung eines tätlichen Angriffs rasch zustecken konnte. „Sorry, habe kein Geld dabei“, das hätte tödlich sein können.
Das östliche Harlem, nördlich der 96. Straße, war damals Kriegszone, ebenso die Lower East Side, um Chinatown herum. Wer je Jerry Cotton verschlang – ich gesteh’s -, der weiß das. Und wer Tom Wolfes „Fegefeuer der Eitelkeiten“ las und sich packen ließ vom Schicksal der Hauptfigur Sherman McCoy nach einem tragischen Unfall in der Bronx, der wird sich erinnern an das New York der 1980er Jahre.
Dann, 1994, wurde Rudy Giuliani Bürgermeister. Er machte eine Ansage und die lautete: „Zero Tolerance“ – null Toleranz. Und er hielt sich daran. Was hieß das? Der Republikaner mistete die Sexshops am Times Square aus. Er beschlagnahmte Autos, wenn ihre Besitzer betrunken fuhren. Er sammelte Bettler ein und setzte sie kilometerweit entfernt ab. Graffiti-Sprayer wanderten schneller in den Knast als ihre Farbe trocknen konnte. Kleinkriminelle – ab hinter Gitter. Null Toleranz.
Aufschrei, Demonstrationen! Das liberale New York begehrte auf. Dem Mayor wurde eine „Pitbull-Persönlichkeit“ konzediert. Auf Transparenten schmähte man ihn „Adolf Giuliani“.
Aber: 1992 wurden in New York noch 2397 Menschen ermordet, 1998, vier Jahre nach Giulianis Amtsantritt, waren es laut Statistik noch 924. Die Zahl der Raubüberfälle und Einbrüche wurde halbiert. Und New York begann Giuliani zu lieben.
Will in Düsseldorf durchgreifen: Joachim Erwin
Düsseldorf ist nicht New York, hat solche Zustände nie erlebt und wird sie nie erleben. Dennoch könnte das „Null Toleranz“-Prinzip auch hier funktionieren. Dieser Tage kündigte OB Joachim Erwin an, um den Hauptbahnhof herum Ordnung zu schaffen. Heute lesen wir, dass er zudem alkoholfreie Zonen einrichten will. In dem Zusammenhang denkt man zwangsläufig daran, wie so etwas wohl durchzusetzen wäre und kommt auf Giulianis „Zero Tolerance“, auch wenn es unserem Polizeipräsidenten Herbert Schenkelberg als Ordnungsprinzip wohl eher nicht zusagt.
Das Alkoholverbot, etwa in Teilen der Altstadt, würde die Büdchen austrocknen, das Saufen auf den Straßen in gesittete Bahnen lenken, die Menge der Scherben in der Altstadt drastisch reduzieren und Wirte wie Bürger und Besucher gleichermaßen fröhlich stimmen. Ähnlich verhält es sich mit dem Umgang mit Bettlerbanden und Graffiti-Schmierern, mit all den Menschen, die glauben, sie könnten Dinge tun, die wir, die Masse der Bürger dieser Stadt, definitiv nicht wollen und dennoch auf unsere Toleranz und volles Verständnis zählen. Bei „Null Toleranz“ würde sich ganz schnell ganz viel tun. Das kennt man aus New York, aus Singapur sowieso und in Berlin wäre die Einführung des „Null Toleranz“-Prinzips ohnehin Pflicht – siehe diesen aktuellen Fall, wie Leser dieses Blogs wissen, kein Einzelfall – siehe hier, hier oder hier.
Und hier noch ein aktuelles Beispiel aus Berlin.
Nachtrag, 15. August: Wer sagt’s denn: Das Städtchen Radevormwald kontrolliert bereits die Sauferei im öffentlichen Raum und verteilt Knöllchen, berichtet die Rheinische Post heute auf Seite 3. In Krefeld und Rheydt denke man auch darüber nach…
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