„Coole Socke“: Uli Hoeneß begeistert beim Ständehaus-Treff

Oktober 23, 2012 by  

Die Magie Fußball und der Macher: Uli Hoeneß beim Ständehaus-Treff, alle wollten ihn sehen. WDR-Frau Petra Albrecht, Moderatorin der Netzwerk-Veranstaltung, sagte es gestern vorab: Der Run auf die Eintrittskarten zum Talk mit dem Bayern-Präsidenten übertraf sogar die Nachfrage bei Altkanzler Helmut Schmidt. Was ja was heißen will.

Fußball-Ikone schlägt Politdenkmal.

Interviewer Gabor Steingart, Chefredakteur des Handelsblatts, nennt vor dem Interview die Helden seiner Kindheit: „Winnetou, Cassius Clay und Uli Hoeneß“. Er frage sich, wen er denn jetzt vors Mikrophon bekomme: „Eine coole Sau oder einen Choleriker“.  Darauf Hoeneß: „Bringen Sie mir einen der mich kennt und mich einen Choleriker nennt, dann lade ich Sie zum Essen ein!“

Am Anfang war die elterliche Metzgerei, da konnte man an einem guten Tag „schon mal 2.000 Mark umsetzen“. Hier wurde Uli Hoeneß sozialisiert, stand mit hinter der Theke. Heute ist er Wurstmillionär, verkauft „Nürnberger Rostbratwurst“ an Aldi, Edeka, Supermärkte in Europa und USA, 55 Mio. Euro Umsatz. Einmal pro Woche esse er selbst die Würtchen, bekannte Hoeneß.

Von wegen, der Erfolg sei ihm in die Wiege gelegt worden: „Das habe ich mir schon alles erarbeitet“, stellt er klar und sagt auch gleich sein Erfolgsrezept: „Ich bin kein Theoretiker. Ich wache jeden Morgen auf und bin bereit zu lernen. Learning by doing und jeden Tag den Arsch aufreißen“.

Da stand gestern einer dem Interviewer  gegenüber, der aus der Position des gänzlich Unabhängigen frei Schnauze seine Meinung sagte, wie es bislang nur einer vor ihm im Ständehaus getan hatte: der damalige RWE-Chef Dr. Jürgen Großmann, auch er finanziell unabhängig, gerne politisch unkorrekt.

Anecken? Gerne, und nicht nur wenn’s sein muss.

Steingarts erste Frage lag auf der Hand: Ob das 5:0 der Bayern gegen Fortuna denn sein mußte. Darauf Hoeneß trocken: „Da hat es ja auch in Dortmund ein Spiel gegeben, da ist ja was vorentschieden worden“. Ob das ständige „Weiterballern“ denn erforderlich gewesen sei, hakt Steingart nach. Ja klar, sagt Hoeneß, „sonst hast du im Nu vier Gegentore“. Das war der erste Lacher und auch ein Querverweis auf Jogi Löw.

Er sage über Löw öffentlich nur da was er ihm auch privat gesagt habe. Er stellt klar, dass er ihn schätzt, dass sich nun zeigen werde, ob er den Druck der Medien aushalte.

Steingart will wissen, wer bei Fortuna denn herausrage und Hoeneß nennt Lumpi Lambertz: „So wie der herumfuhrwerkt auf dem Platz, kann den jeder Verein gebrauchen.“ Auch Fortuna als Mannschaft erntet Lob vom Bayern-Boss: „Nach sieben Spielen zehn Punkte, da hat man durchaus gute Berechtigung in der Bundesliga zu spielen. Die Euphorie darf nur nicht zu hoch steigen. Es gibt für Fortuna nur ein Ziel: den Klassenerhalt.“

Wann der 40-Mio-Transfer-Mann Javi Martinez denn mal eingesetzt werde, will Steingart wissen. Darauf der Bayern-Boss schmunzelnd: „Er ist ja eher der Defensiv-Spieler, da war er hier in Düsseldorf nicht so sehr nötig.“ Die 40 Mio. Euro, ist ihm wichtig zu sagen, habe man bar bezahlt.

Hoeneß klingt ein wenig wehmütig, als es um seine früh beendete Karriere geht. Die Knie taten’s nicht mehr. Er sehe sich nicht als Star, aber kampfstark sei er gewesen. Ein paar Jahre weiter spielen, wer weiß… Eine Anekdote von damals: Die Mannschaft zieht aufs Oktoberfest, man trinkt zwei Maß und geht dann auf den „Fliegenden Teppich“, jenes Gerät, bei dem der Magen oben bleibt, wenn der Teppich runtergeht. Hoeneß feixend: „Da sagt der Mann am Mikrophon: Für unsere Freunde von Bayern München noch eine Extratour. Das ging so bis der erste kotzte.“ Heute – unvorstellbar. Damals, sagt Hoeneß freimütig, „wollten wir die soziale Leiter raufsteigen, und der Fußball bot uns die Gelegenheit dazu.“

Dann Rollenwechsel. Trainer wollte er nie werden, gleich Manager.

Ein Manager mit Eigenarten. Er liest keine E-Mails, das macht seine Sekretärin. „Du kriegst täglich 500 E-Mails, davon ist 80 Prozent Schrott, und durch den arbeitet sie sich durch“. Facebook, Twitter – nix für ihn. Doch ein Handy habe er schon.

Ein Manager mit Herz. „Zu mir kann jeder kommen, wenn er ein Problem hat, auch der Platz- oder der Zeugwart. Die fragen nur: Ist der Alte da? Und dann kommen sie rein.“ Der kranke Gerd Müller: „Wird bis ans Lebensende bei uns beschäftigt sein.“

Ein Manager mit Meinung:

„Das Bankensystem muss total geändert werden. Ein Bonusbanker tut für die Volkswirtschaft weniger als eine Krankenschwester. Banken sollen Kredite an den Mittelstand liefern, sollen sich wie früher an Unternehmen wie der Allianz beteiligen.“ Spekulation mit Lebensmitteln „und in Bangladesch sterben deshalb die Menschen – kriminell“.

Der Ölpreis sei „total manipuliert“, sagt er und findet das „Scheiße“.

Er outet sich als Merkel-Fan. Die habe die Eurokrise mit Fußball verglichen: Wir müssen Fußball spielen, habe sie ihm gesagt, 90 Minuten, vielleicht mit Verlängerung. Wir brauchen Zeit. Ja, er sei auch gegen den Griechenland-Beitritt gewesen – seinerzeit. Die haben ja angegeben, derartig viel Flächen für subventionierten Olivenanbau zu haben, „da hätte es gar keinen Platz mehr für die Akropolis gegeben.“ Aber er sei sicher: Das mit der Eurokrise kriegen wir hin, „das Schlimmste liegt hinter uns“. Unternehmen könnten sich jetzt mit billigem Geld versorgen

Merkel ist für Hoeneß die Queen von Berlin. Und Peer Steinbrück? Es sei ihm doch egal, wer gegen Merkel verliere… Edmund Stoiber, der in seinem Aufsichtsrat sitzt, genießt volle Sympathie: “ Der hat vielleicht nicht alles richtig gemacht, aber das meiste. Ihn abzuschießen, hat die CSU fast das Leben gekostet.“

Den bayerischen SPD-Frontmann Christian Ude hat er überhaupt nicht auf dem Ticket: „Seehofer gegen Ude, das ist wie wenn wir gegen Cottbus spielen.“ Philipp Rösler, ist er sicher, werde nächstes Jahr kein Wirtschaftsminister mehr sein und Sigmar Gabriel (SPD) nennt er „Verlierer“.

Als die drei wichtigsten Eigenschaften von Bayern München nennt Hoeneß: Zuverlässigkeit, Erfolgsorientiertheit und soziale Kompetenz. Da staunt Interviewer Steingart und der Bayer erklärt: „Wir haben so vielen Vereinen in der Liga geholfen, bei denen es eng war – mit Spielen aber auch mit finanzieller Unterstützung. Du kannst nicht nur immer nur stärker werden wollen, du musst auch was zurückgeben.“

Gegen Ende der Unterhaltung will Gabor Steingart wissen, ob Hoeneß sich eine Frau als Bundesliga-Torwart vorstellen könne. Darauf der Bayer trocken: „Die können doch keinen Ball fangen“. In das aufwallende Gelächter hinein erklärt er: (Daniel) van Buyten schießt mit 160 km/h.

Da lacht auch Düsseldorfs Bürgermeisterin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann an unserem Tisch mit. Die taffe aber zierliche Kommunalpolitikerin hätte wohl  im Tor kaum eine Chance.

Interviewer Steingart stuft Hoeneß zum Abschluss als „coole Socke“ ein. Passt.

 

 

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