ESC: Douze Points für Düsseldorf?

Mai 31, 2011 by  

ESC – ein erfolgreiches Stadtmarketing-Projekt? – das war die Fragestellung für eine Podiumsdiskussion des Marketing-Club Düsseldorf gestern in der Tonhalle. Das Resümee aus der Runde vorweg: Düsseldorf hat den ESC perfekt gestemmt, die Show war grandios, Düsseldorf ein großartiger Gastgeber, aber – Nachhaltigkeit ist nicht zu erwarten.

Als Vertreter der Stadt saßen Projektleiter André Boschem und Dr. Eva-Maria Illigen-Günther, DMT, am Tisch, ebenso die Pressebeauftragte Alex Iwan („Textschwester“). Sie alle gaben der Veranstaltung „douze points“, 12 Punkte. Doch die Beurteilung gründete nur auf emotionalen Eindrücken und punktueller Wahrnehmung. So schwärmte die städtische Marketingexpertin Illigen-Günther, man sei „überglücklich, dankbar und stolz“: die Zahl der Rundfahrten in Düsseldorf habe zugenommen und sie werde auch in Zukunft auf die Strategie der Zielgruppenansprache setzen. Hier widersprach Moderator Frank Dopheide, einst Grey-Chef, jetzt Inhaber von Deutsche Markenarbeit, ganz entschieden: „Ein Unternehmen wie Metro oder Henkel können Sie so nicht führen.“ Dopheide gibt dem Düsseldorfer ESC nicht mehr als 9 Punkte – auch „wegen handwerklicher Fehler“.

Was bleibt außer dem Eindruck der großartigen Show des NDR aus der großartigen Halle?

Tina Müller, Marketingchefin von Schwarzkopf, war just in Italien. Niemand habe sie dort beim Stichwort Düsseldorf auf den ESC angesprochen und man müsse sich schon fragen, „ob das irgendetwas gebracht hat.“ Die Plattform ESC „hätte man noch besser nutzen können“, befand Metro-Marketing-Chef Dr. Michael Inacker, mit Schwarzkopf und Lufthansa Großsponsor des ESC, der die Stadt 10 Millionen Euro gekostet hat. Insbesondere bei der Medienanalyse sei er „sehr skeptisch“. Inacker: „Man hätte mehr PS auf die Straße bringen können“.

ESC-Pressechefin Iwan hatte aufgrund einer „nicht qualitativen Analyse“ von einer Anzeigenäquivalenz von 170 Millionen Euro „allein in drei Monaten“ gesprochen. Hochgerechnet auf den gesamten Zeitraum erkannte sie kühn „Milliardenwerte für Reichweite im Onlinebereich, im TV-Bereich“. Als Beispiel für erfolgreiche Pressearbeit nannte sie einen Beitrag in der linksalternativen taz, verfasst von ESC Blogger Jan Feddersen, den man als durchaus ironisch durchwirkt lesen kann. Nicht qualitativ bedeutet: Alle Artikel in denen Düsseldorf und ESC nur erwähnt werden, fließen in die Zählung ein, Imagebildung ist anders.

Illigen-Günther wertet es bereits als Erfolg, „Düsseldorf als Austragungsort eines deutschen Sendeformats bekannt gemacht zu haben“. Henkel-Frau Tina Müller glaubt, die Stadt habe „riesig gepunktet“ und dass die Show in der Arena super gemanaged wurde, habe „total auf Düsseldorf abgefärbt.“ Metro-Marketing-Mann Inacker brachte jedoch das Thema auf den Punkt: Düsseldorf brauche eine Marketing-Strategie, aber: „Das Problem ist, die Stadt weiß nicht was sie will.“ Man müsse über eine vernünftige Marketingstrategie nachdenken und „vielleicht sogar so frech sein, Berlin zu kontern: Wir sind reich aber sexy“. Tina Müller sieht es ähnlich, will Großveranstaltung und fordert: „Wir müssen in die Mode rein.“ Eine Nummer kleiner mag es ESC-Projektleiter André Boschem: Er will Düsseldorf statt mit Berlin und Hamburg lieber mit Städten wie Zürich verglichen wissen. „Insgesamt wird sich dieses Investment lohnen“, hofft er.

Lufthansa Manager Dirk Schwarze, Leiter Direktmarketing beim Kranich, sieht künftig die Notwendigkeit „für mehr Großevents, die mehr Privatreisende generieren.“ Da decken sich Interessen von Stadt und Lufthansa. Schwarze kann sich zum Beispiel einen Sommerkarneval in Düsseldorf vorstellen.

Düsseldorf sei doch die Marketingstadt. Warum, so Metro-Inacker, schenke die Marketing Community der Stadt nicht eine Kampagne!

Clubpräsident Dirk Krüssenberg forderte zum Abschluss eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Imagegestaltern der Stadt, eine Positionierung, die eine Alleinstellung untermauere und ein einheitliches Logo statt einer Vielzahl verschiedener. Dirk Krüssenberg: „Nur so kommen wir zu einer Nachhaltigkeit“.

Foto: dapd

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