„Fallbeil-Methode“: Studenten und Azubis werden geschröpft

November 25, 2010 by  

Für viele Studenten und Auszubildende beginnt in diesen Tagen wieder das große Rechnen – sie addieren ihre Einkünfte im zu Ende gehenden Jahr. Der Grund: Hat der volljährige Nachwuchs seit Januar 2010 mehr als 8.004 Euro und damit in den Augen des Staates zu viel verdient, wird das staatliche Kindergeld gestrichen – zumeist sogar rückwirkend!
Das ist umso dramatischer, als das Bundesverfassungsgericht (Az.: 2 BvR 2122/09) in diesem Jahr die Anwendung der berüchtigten Fallbeil-Methode bestätigte. Danach gilt: Hat der über 18-jährige Nachwuchs auch nur einen Euro mehr als die erlaubte Summe verdient, wird der monatliche Zuschuss komplett zurückgefordert. Es gibt keinerlei Stufenregelungen, sondern nur das Alles-oder-Nichts-Prinzip, warnt Rolf Fühles (Foto), Bereichsleiter der PSD Bank Rhein-Ruhr.
Und dabei steht seit diesem Jahr besonders viel Geld auf dem Spiel, da die Berliner Koalition von Union und FDP als eine ihrer ersten Amtshand-lungen die monatlichen Zahlungen für Familien erhöht hat. Seit dem 1. Januar 2010 fließen für die ersten beiden Kinder jeden Monat 184 statt zuvor 164 Euro aufs Konto, 190 Euro für das dritte und jeweils 215 Euro ab dem vierten Kind. Fehlt diese Unterstützung, reißt das ein großes Loch in die Familienkassen. Deshalb lohnt sich ein rechtzeitiger Blick auf die Einnahmen, um eventuell noch gegenzusteuern.
Ausgaben erhöhen
Dies ist sogar noch in den letzten Wochen eines Jahres möglich. Denn auch, wenn sich die Einnahmen wenige Wochen vorm Jahresende gefährlich in Richtung Kindergeld-Grenze entwickeln,  ist der Kampf mit den Tücken des deutschen Steuerrechts noch nicht verloren. So muss beispielsweise der studierende Nachwuchs nicht einmal zwangsläufig auf lukrative Nebenjobs zum Jahresende verzichten, um sich die staatlichen Zuschüsse zu sichern. Maßgebend für die Überprüfung des Anspruchs auf Kindergeld sind nicht unbedingt die Brutto-Einnahmen – auch wer bestimmte Ausgaben erhöht, kann den Zuschuss retten.
Von den Einnahmen abgezogen werden beispielsweise die gezahlten  Sozialversicherungsbeiträge, also etwa Beiträge zur Kranken oder Pflegeversicherung. Zudem sind alle Ausgaben gegenzurechnen, die der Auszubildende oder Student notwendigerweise für sein Lernen tätigt. Diese Werbungskosten wirken sich günstig aus, sobald sie – aufs gesamte Jahr berechnet – den Pauschbetrag von 920 Euro pro Jahr, in dessen Genuss alle Steuerzahler automatisch kommen,  überschreiten.
PC-Kauf vorziehen
Zu den absetzbaren Werbungskosten gehören beispielsweise die Anschaffung von Fachbüchern, die Kosten für Fahrten zu Uni oder Arbeitsplatz, die Ausgaben für Bewerbungen, aber auch der Preis für Arbeitsmittel, etwa den neuen PC. Wer also ohnehin eine solche Anschaffung plant und in diesem Jahr Kindergeld-Probleme bekommen könnte, sollte den Kauf vorzuziehen. Allerdings ist Vorsicht angesagt, wenn etwa der neue Laptop teurer ist als 410 Euro. Dann gilt dieser nämlich nicht mehr als geringfügiges Wirtschaftsgut. Die Folge: Das Gerät wird nicht mehr über ein, sondern über mehrere – in der Regel drei –  Jahre abgeschrieben. Eine geringere Ausgabe kann deshalb hier effektvoller sein.
Steuerfalle Drucker
Aufpassen muss man bei der Investition in Computer-Technik zudem aus einem anderen Grund. So erging es einem Studenten, der sich einen Drucker für seinen PC kaufte. Die Anschaffungskosten des Druckers, so sein nüchternes Kalkül, würden genau reichen, um sein maßgebliches Netto-Einkommen genau unter die Kindergeld-Grenze zu drücken. Schließlich lag der Preis für den Drucker unter 410 Euro und damit unter dem Grenzbetrag für geringwertige und damit sofort voll absetzbare Wirtschaftsgüter. Doch zu früh gefreut, meinte der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil (III R 70/08). Nach Auffassung der Richter ist der Drucker nur zusammen mit dem teuren PC nutzbar und daher über die übliche Nutzungsdauer von drei Jahren abzuschreiben. Ergebnis: Die Einkommensgrenze blieb unerreicht, das Kindergeld für das gesamte Jahr wurde gestrichen. Hätte der Student das Problem schon vorher erkannt und statt in einen Drucker den gleichen Betrag in notwendige Fachliteratur investiert, wäre sein Kalkül aufgegangen.
Jobben schadet
Noch ein weiteres aktuelles Urteil müssen junge Leute beachten, zumindest wenn Sie vor dem Antritt des Studiums oder der Ausbildungsstelle in einem Job schnell noch einmal ein paar Wochen oder Monate richtig gutes Geld verdient haben. Bisher wurden diese Zeiten einfach aus der Berechnung des Kindergelds ausgeklammert und die Familien kamen für den Rest des Jahres in den Genuss der staatlichen Unterstützung. Diese Regelung hat der Bundesfinanzhof (Az.: III R 34/09) nun grundlegend geändert. Da der volljährige Nachwuchs auch in dieser Wartezeit ausbildungsfähig sei, müssten diese Einnahmen in die Prüfung des Kindergelds einbezogen werden. Zu ermitteln sei stets, wie hoch zusammengerechnet die Einkünfte im gesamten Jahr sind. Da diese neue Regelung meist ungünstiger ist als die bisherige Berechnung, kann es für Studien- oder Ausbildungsanfänger sinnvoll sein, gleich zu Beginn des Lernens kräftig in Arbeitsmittel oder Fachliteratur zu investieren.

Kommentare

3 Responses to “„Fallbeil-Methode“: Studenten und Azubis werden geschröpft”

  1. Kontoscout.eu on November 26th, 2010 10:50

    ChevronWP7: Jailbreak für Windows Phone 7 veröffentlicht – AreaMobile…

    Wir haben einen Trackback auf Kontoscout.eu zu diesem Artikel…

  2. Ein sinnvoller Nebenjob am PC bei freier Zeiteinteilung | RSS Verzeichnis on November 26th, 2010 17:14

    […] https://www.duesseldorf-blog.de/2010/11/25/fallbeil-methode-studenten-und-azubis-werden-geschropft/ So muss beispielsweise der studierende Nachwuchs nicht einmal zwangsläufig auf lukrative Nebenjobs zum Jahresende verzichten, um sich die staatlichen Zuschüsse zu sichern. Maßgebend für die Überprüfung des Anspruchs auf Kindergeld sind nicht unbedingt die … So erging es einem Studenten, der sich einen Drucker für seinen PC kaufte. Die Anschaffungskosten des Druckers, so sein nüchternes Kalkül, würden genau reichen, um sein maßgebliches Netto-Einkommen genau unter die … […]

  3. Kontoscout.eu on November 27th, 2010 06:55

    Pfändungsrecht: Zugriff verboten dank neuem P-Konto – FINANZEN.NET NEWS (Pressemitteilung)…

    Wir haben einen Trackback auf Kontoscout.eu zu diesem Artikel…