Lufthansa-Piloten – betriebswirtschaftlich im Blindflug
Februar 19, 2010 by osi
Ab Montag wollen die Piloten der Lufthansa für vier Tage streiken. In Düsseldorf werden deshalb voraussichtlich rund 110 Flüge täglich ausfallen (weitere ca. 150 Flüge der LH CityLine, Eurowings und Contact Air sind nicht betroffen).
Über 90 Prozent (!) der mit ihren Gehältern in der Branche als außerordentlich privilegiert geltenden Angestellten der Airline, haben für einen Streik gestimmt.
Warum ein Streik, in diesen Zeiten?
Die Piloten wollen Arbeitsplatzsicherung und 6,4 % mehr Gehalt, dazu angeblich mehr Mitspracherecht in unternehmerischen Belangen, was die Vereinigung Cockpit dementiert.
Piloten vieler Fluggesellschaften neigen traditionell dazu, sich in ihrer Bedeutung für den Arbeitgeber zu überschätzen. Sie fühlen sich als die eigentlichen Macher des Unternehmens und wären doch zur Arbeitslosigkeit verdammt, wenn das Management nicht für gut ausgelastete Flieger sorgen würde. Piloten sind austauschbar, mal mehr, mal weniger, je nach Arbeitsmarktlage.
Dennoch verhalten sich die Männer im Cockpit (Frauen sind immer noch die große Ausnahme) bei Tarifforderungen, als wären sie im betriebswirtschaftlichen Blindflug. Ohne Rücksicht auf die Ertragslage des Unternehmens (derzeit besonders angespannt) rufen die Lufthanseaten jetzt einen absolut unangemessenen viertägigen Streik aus.
Die hoch bezahlten Lufthansa-Piloten (ca. 70.000 bis 250.000 Euro jährlich) inszenieren sich mit Hinweis auf ihre Verantwortung für das Leben der Passagiere gern wie Helden der Lüfte, denen jeder Tribut zu zollen sei. Doch: Verantwortung für ebenso viele und oft mehr Passagiere trägt auch ein ICE-Lokführer (40.000 bis 60.000 Euro jährlich). Ein ehemaliger Airline-CEO nannte Piloten deshalb auch gern mal „Busfahrer in der Luft“.
Der „grob unverhältnismäßige“ Streik (Lufthansa) wird die Kranich-Airline rund 100 Millionen Euro kosten, schätzt die Unternehmensführung. Das Muskelspiel der „Streifenhörnchen“ (Branchenjargon) wird dazu beitragen, den Anteil minderbezahlter Piloten im Lufthansa-Netz zu verstärken – weil anders die Kosten nicht aufzufangen sind. Darüber jedoch machen sich weder die Herren mit ihren goldbetressten Streifenhemdchen Gedanken noch die schon immer tarifpolitisch grenzdebile Vereinigung Cockpit (VC), die gewerkschaftliche Vertretung der Piloten.
„Die Lufthansa-Piloten sind mit Gehältern und Privilegien ausgestattet, die in Deutschland kaum eine andere Berufsgruppe erreicht. Es gleicht somit einer schlechten Posse, dass die Mehrzahl dieser Piloten ab Montag einen Teil des Landes lahmlegen will“, sagt der Düsseldorfer Klaus Laepple, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft, der das Fluggeschäft bis ins Detail kennt und ein Reisebüro betreibt („Kö 27“).
Unter www.lufthansa.com wird heute Nachmittag ein Notflugplan veröffentlicht. Mit Unterstützung anderer Fluggesellschaften will die Lufthansa die Flugausfälle in Grenzen halten.
Kommentare