Fred & ich

November 2, 2012 by  

Ich wohne am Rande von Düsseldorf, zehn Minuten von der Kö und trotzdem absolut im Grünen in einer kleinen verträumten Straße. Hier haben alle einen kleinen Garten. Jeder kennt den anderen und trotzdem gibt es einen respektvollen Abstand. Singles wohnen hier keine. Ich bin die Einzige. Welcher Single wohnt schon im Grünen mit Garten? Ist es da nicht mehr „IN“, in Oberkassel zu wohnen, werden Sie sich fragen? Und damit haben Sie Recht. Mehr „IN“ ist das schon, aber auch schöner?

Als ich dann mal so ungeahnt zum „Single“ wurde, musste mein Ex ausziehen, denn wir haben zusammen bei mir gewohnt. Das war klug von mir. Ich bin kein großer Fan von Veränderungen, nur weil ich Single bin. So also habe ich mir damals nicht die Haare abschneiden lassen und auch nie meine Mailbox neu besprochen und schon gar nicht bin ich umgezogen. Ich liebe mein Zuhause und es ist meine kleine „kreative Oase“ mit verwildertem Gartenteich in dem mit Sicherheit der Froschkönig wohnt, einer großen winterfesten Buddha Figur und ich freue mich schon drauf, wenn die statt Birkenlaub, die erste Schneehaube hat.

Im Sommer trinke ich meinen ersten Milchkaffee barfuß im Garten und im Winter ist mein Haus ein Kerzenmeer und nur zu gerne grille ich mit Freunden im Skianzug die „Schlösser Bratwurst“ bei minus 5 Grad. Sie merken schon, “my home is my castle“! Trotzdem wurde es Zeit für eine Veränderung. Die Mülltonne.

Hier im „Grünen“ hat jeder seine eigene Mülltonne und einmal in der Woche steht diese dann am Straßenrand und wird entleert. Ich habe noch immer eine große Tonne, wie für einen Familienhaushalt. Mein Ex war „Produzent“ und zwar „Müllproduzent“. Ein wahrer Weltmeister im „Müll produzieren“. So war unsere Tonne meist schon drei Tage nach der Leerung wieder voll. Fragen Sie mich nicht, wie das geht. Glauben Sie mir, es geht! Und da sind seine riesigen Stapel an Tageszeitungen aus seinem Büro nicht mitgerechnet, diese wurden schließlich nur einmal im Jahr entsorgt und auch nur dann, wenn sie wie eine Lawine die Treppe runter rutschten und den Boden circa 30cm hoch – wie Neuschnee – bedeckt haben. Warum hortet man acht Monate alte Tageszeitungen, wenn schon in die von gestern auf dem Markt der Fisch eingewickelt wird. Verstehen Sie das? Das aber nur am Rande… 🙂

Nun also schiebe ich als Single noch immer regelmäßig eine große Familientonne an den Straßenrand. Jeden Donnerstag! Inhalt: „überschaubar“, denn dank Mülltrennung läuft mein Entsorgungsbehälter nicht gerade über und es ist fast so, als ob man mit einem leeren Koffer in den Urlaub fährt. Hier eine Bananenschale und da drei „Actimel“-Becher, der Stadtanzeiger und Ende. Ich könnte meine paar Teile auch gut beim Nachbarn rein werfen. Würde er vermutlich gar nicht merken. Aber: Ordnung muss sein – auch hier bei uns im Randgebiet  von Düsseldorf. So also entschließe ich mich das „Mülltonenaustauschamt“ anzurufen:

„xzxuxgrooert Schrotmann“, meldet sich eine Stimme am anderen Ende.

Ich verstehe nichts und bin mir nicht mal mehr sicher, ob ich überhaupt eine deutsche Nummer angerufen habe. „Kann ich bei Ihnen eine Mülltonne umtauschen? Eine große gegen eine kleine Tonne, denn……!“ weiter kam ich nicht, nur noch ein Knacken in der Leitung. „Hallo?? Halloooo?“.

Ich rufe wieder an. „Angela van Moll, ich wollte ….!“. „Sie haben doch gerade schon angerufen, warum legen Sie denn auf?“, fragt Frau Schrotmann vorwurfsvoll. Fast fühle ich mich schuldig, denn mit Sicherheit hat Frau Schrotmann mit dem ganzen Müllproblem der Stadt genug Arbeit.

Zu meiner Verteidigung sage ich: „Frau Schrotmann, ich habe nicht aufgelegt – die Verbindung war weg. Ich wollte nur mal fragen……!“.

„Postleitzahl?“.

„Frau Schrotmann, ich brauche nur mal eine Information, zu einem eventuellen Austausch der….!“.

„Postleitzahl?“

Ich merke, wie ich sauer werde, nenne aber meine Postleitzahl und mal zu sehen, was nun passiert. Knacken in der Leitung und weg ist Frau Schrotmann. Ich gucke auf mein Handy. An meinem Funkkontakt liegt es ganz klar nicht. Ich rufe wieder an und habe dieses mal einen Herrn Wörner am Telefon. Geduldig erklärt er mir, wie der Austausch funktioniert und erst nach meiner Zustimmung fragt er freundlich “wie ist die Adresse, mit Postleitzahl bitte!“. „Eine Frage noch Herr Wörner, gibt es diese neue Tonne auch in modischen Farben? So in Lila, Rosé oder Orange?“. Kurze Pause am anderen Ende der Leitung und fast höre ich Herrn Wörner lachen. “Eher nicht, da ist die Nachfrage zu gering!“.

Frau Schrotmann sollte wirklich mal eine Schulung bei Herrn Wörner machen, ein sehr geduldiger Mensch und wenn es einen Preis für den „Freundlichsten Mülltonnenaustauschberater“ geben würde, Herr Wörner würde ihn von mir bekommen.

Zufrieden lege ich auf. Ich werde mich nun also trennen, von meiner Riesen-Mülltonne und eine kleine Tonne wird bei mir „einziehen“. Montag, ich warte – nichts passiert. 11 Uhr, ich muss  in meine Firma und länger warten geht einfach nicht. Meine riesige Tonne steht noch immer auf dem Bürgersteig und dominiert triumphierend die Straße. „Nicht mehr lange…“, denke ich und irgendwie bin ich fast froh, wenn ich das „immer leere Monster“ los bin.

Am Abend fahre ich sie dann fast um. Herr Wörner hat Wort gehalten auf dem Bürgersteig steht sie, meine kleine neue Mülltonne. Das „Pärchenmonster“ ist weg und meine „Single Tonne“ steht etwas einsam und schüchtern auf meiner Auffahrt. Kurz stehe ich vor meinem neuen, sehr zierlichen und sehr überschaubaren Müllschlucker. Mit Abstand der kleinste Müllbehälter, den ich je gesehen habe. Ich betrachte sie genau von allen Seiten und dann taufe ich sie „Fred“ und mir ist klar, mit Fred oute ich mich nun endgültig als Single. Fred ist eine „Single Mülltonne“.

Ich öffne Fred und gucke rein. Fred würde locker drei mal in mein altes „Pärchenmonster“ passen, aber Fred ist für mich okay.

Fred ist handlich, praktisch und so beweglich. Fred ist  sauber und so durfte er ausnahmsweise mal mit ins Haus. Fred stelle ich am Esstisch ab und freudig stelle ich fest, dass Fred nicht höher ist, als mein Esstisch. Ein Abendessen mit Fred steht also heute auf dem Programm! 🙂

Fred verschlingt die Pappschachteln und ich deren Inhalt. Fred fragt nichts, ist mit meiner Musikwahl zu frieden und während „The Sunset Sleeps“ von den RHCP läuft, entsteht eine Vertrautheit zwischen Fred und mir.  Und ehrlich, ein „Müllschlucker“ am Tisch ist doch gar nicht so was Unnatürliches! Trotzdem muss Fred nach dem Essen gehen. Ich bringe Fred – gut gefüllt – vor die Tür und er zieht in sein neues „Domizil“  ein, direkt neben dem Eingang.

Kurz überlege ich, ob ich an meinem Klingelschild auch seinen Namen anbringe – „Angela & Fred van Moll“ – halte das aber doch für übertrieben.

Ich schaue Fred noch einmal an und nehme mir vor, Fred zu veredeln und bunt zu bemalen. Fred sollte schließlich stolz darauf sein, eine „Single Tonne“ zu sein und schließlich sind es doch die kleinen Dinge im Leben, die Freude machen.

PS: Fred hat heute das erste mal  alleine am Straßenrand gestanden.

Zwischen all den großen Familien und Pärchentonnen hat Fred das echt ganz gut gemacht. Hat sich entleeren lassen und weil Fred so klein und handlich ist, haben die Müllleute Fred auch gleich wieder in sein Häuschen gestellt. Danke, liebes Entsorgungsteam!

 

WOCHENENDE und das mache ich:

Heute ist Andreas Geburtstagsparty und ich freue mich drauf. Fred nehme ich aber nicht mit J

Und morgen, am 3.November ab 20 Uhr  LIVE in der Tonhalle Düsseldorf: Herbie Hancock, ein toller US Jazz Pianist – ein kleiner Vorgeschmack unter http://www.youtube.com/watch?v=XrgP1u5YWEg

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