Mode-Player auf Kuschelkurs – ein Beitrag zur Diskussion dieser Woche um die Positionierung der Stadt Düsseldorf

Juli 10, 2011 by  

Mode-Power-Paar Eickhoff, Showroom-Marketingmann Hans Wiethoff,  Modemacher Gerhard (Gerry) Weber, cpd-Frontfrau Mirjam Dietz

An diesem Mittwoch stellt die Stadt Düsseldorf eine Positionierungsstrategie vor, die von der Berliner Agentur Metadesign erarbeitet wurde – eine Stärken- und Schwächenanalyse mit Vorschlägen, was in Zukunft zu unterlassen und an Kommunikation zu verstärken sei. Man darf gespannt sein. Hier ein Beitrag zum Thema Mode in Düsseldorf, der soeben im Magazin des Marketing-Club Düsseldorf erschien, der die Mode als bestimmenden Faktor in der Darstellung der Stadt Düsseldorf ansieht und eine Diskussion um die Standortbestimmung der Stadt angestoßen hat.

„Darf eine 600.000-Seelen-Kolonie, bevölkert von Altbiertrinkern und überkandidelten Millionärsgattinnen, Deutschland repräsentieren?“
Diese dürftige Häme, kein Ausweis besonderer Intelligenz oder Wortwitzes, produzierte Spiegel-Redakteur Alexander Kühn in einem Vorbericht zum ESC, in dem er sich sehr bemüht an Düsseldorf abarbeitete.
Der ESC wirkte wie ein Brennglas:  Jedes Husten Düsseldorfs wurde registriert. Und natürlich auch Druckfehler wie „Schwule“ statt „Schule“. Damit muss man leben.
Interessant jedoch, wie die Schwäche Düsseldorfs, dass die Stadt zu viele Stärken hat aber nicht eine, die jeder kennt und neidlos anerkennt, durch den ESC stärker zutage trat als zuvor.
Da sind wir wieder bei der DNA dieser Stadt, dem Thema, das der Marketing-Club Düsseldorf (MCD) im letzten Jahr gesetzt hat. Wir haben im NRW Forum eine Diskussion angestoßen. Ein Jahr später – was ist passiert? Ist irgendetwas passiert?
„Wir haben eine Trendwende, vielleicht nicht für Herrn Eickhoff, aber für alle anderen“, sagt Igedo-Geschäftsführerin Mirjam Dietz und bekennt allerdings, die Ideen Albert Eickhoffs, des Grandseigneurs der Mode, seien sehr wichtig.
CPD WIEDER ANKURBELN
Die blonde Powerfrau schätzt die Ratschläge des Kö-Paten, wenn er ihr auch widerspricht, wenn sie die Umstellung der CPD auf CPD Signatures als Erfolg sieht. Eickhoff ist der Auffassung, dies habe kaum eine Chance „eine Trendwende zu erzielen“. Er persönlich werde auch nicht zur Verfügung stehen, „die CPD wieder anzukurbeln“. Der Mode-Mogul von der Kö beklagt, er habe Oberbürgermeister Dirk Elbers seine Mitarbeit angeboten und Vorschläge unterbreitet – „aber mein Zeitaufwand war vergebens“.
Auch Hans Wiethoff, ein wichtiger Player im Düsseldorfer Modemarkt, bedauert, dass Bälle in Richtung Stadt nicht retourniert werden. Der Vermarkter der Showrooms in Düsseldorf, es sind mehr als 400: „Fragt man die Aussteller in den Showrooms nach ihren Wünschen für den Standort, so hört man immer wieder zwei Dinge. Die Stadt könnte uns mehr unterstützen, nicht unbedingt (nur) mit Geld aber durch Beseitigung von Hindernissen und bessere Kooperation“.
Der Tanz der Eitelkeiten und die Pflege der Befindlichkeiten standen lange einem Miteinander im Wege. Jetzt scheint, so die Wahrnehmung im Gespräch mit der Düsseldorfer Modewelt, die Tendenz dahin zu gehen, dass man auf einen Mediator wartet, auf jemanden, der aus den Spielern im Modemarkt ein kooperatives Kompetenzteam bildet.
NEBEN ANDY WARHOL STEHEN
Kurzer Rückblick: Professionelle Mode in Düsseldorf hatte über viele Jahrzehnte hinweg nur einen Namen: „IGEDO“. Das war letztlich auch der Grund, weshalb die Eickhoffs vom provinziellen Lippstadt an die Kö kamen. Hier trafen sich die Einkäufer des Einzelhandels, um Ware für die nächste Saison zu ordern. Anfang der 1980er Jahre dann die Zeit der Modecenter, die ganzjährig den regionalen Handel bedienten und damit die Igedo schwächten. Eine Zäsur für den Messeplatz Düsseldorf war der Zustrom internationaler Designer, insbesondere aus Italien. Agenten präsentierten ihre Mode. Legendär etwa Franco Bruccoleri („Oberkassel 1“), bei dessen Parties man schon mal unversehens neben Andy Warhol stand. Ja, da wird mancher tief durchatmen, den Glamour hätte man gern heute wieder. Der vor fünf Jahren gestorbene Italiener war gewissermaßen der Doyen der Agenten, die Düsseldorf wichtige Impulse gaben.
Dem internationalen Trend folgend präsentierten die Agenturen ihre Mode in Hotelsuiten, dann zunehmend in Showrooms, zunächst in Golzheim, wo sie sich immer noch konzentrieren, in der Folge auch im Medienhafen und in Derendorf. Zusammen bringen es die Showrooms heute auf rund 70.000 qm, auf denen, so Wiethoff „1000 Designer, Produzenten und Agenten 3000 Kollektionen präsentieren“. Zeitgleich mit dem Aufstieg der Showrooms, die andersartiges Geschäft nach Düsseldorf holten, begann die rapide Erosion der Igedo-Basis. „Top Fashion“ wollte Alleinstellung und ignorierte die Igedo.
In dieser Zeit gründete Hans Wiethoff die Fashion Square GmbH als PR- und Marketingarm der Showrooms, denen – Zeichen einer überfälligen Annäherung – Mirjam Dietz bei der nächsten CPD Brücken bauen will; Herr Wiethoff wird sich freuen.
Freuen darf sich Düsseldorf auch über „Gerry Weber“. Denn der hat ein eigenes Showroom- und Servicecenter geschaffen, die „Halle 29“ mit rd. 13.000 m². Der Erfolg macht eine Expansion notwendig und „Halle 30“ – mit weiteren rd. 13.000 m² – wird bald eröffnet. In unmittelbarer Nachbarschaft entstehen jetzt auch das „Lighthouse“ und das „U“.
DÜSSELDORF  BLEIBT MODESTADT NR. 1
Außerdem haben sich neben der CPD zwei weitere Messen im hochwertigen Bereich etabliert, die „Premium Order Düsseldorf“ aus Berlin und die Münchener „Supreme“.
„Düsseldorf war, ist und bleibt die Modestadt Nr. 1“, sagt Parfum-Papst Frank Schnitzler, der soeben im Hotel Maritim zum dritten Mal Düfte und zusätzlich Kosmetik und Makeup präsentierte, auch dies eine wertvolle Arbeit an der Fassade der Modestadt Düsseldorf.
Auch das „Düsseldorf Fashion House I und II“ (rd. 34.000 m²) und die drei Modecenter in Neuss (EUROMODA, IMOTEX, Haus Paris, mit rd. 200.000 m²) sollten Berücksichtigung finden, wenn man an die Repositionierung des Modestandorts Düsseldorf denkt. Das ist die feste Überzeugung von Hans Wiethoff, der zu Recht darauf aufmerksam  macht, dass in anderen Modemetropolen weitere Entfernungen überbrückt werden müssen. „Mit dieser Konzentration“, so Wiethoff, „würden wir eine unübertreffliche Dimension in ganz Europa darstellen, hinsichtlich der Größe und Bandbreite des Angebotes.“
„Ich mache mir um Düsseldorf überhaupt keine Sorgen“, sagt Frank Schnitzler, der auch im nächsten Jahr seine Messe abhalten wird, größer und schöner als in diesem Jahr. Schnitzler: „Der Köbogen wird noch mehr Aufmerksamkeit auf unsere schöne Stadt lenken.“ Das Fachblatt markt intern gibt ihm Recht.
Dass Düsseldorf freilich mehr braucht als den Köbogen, um Strahlkraft zu entfalten, ist nicht nur Marketing- sondern auch Modeleuten klar. So ist Mirjam Dietz sich mit Wiethoff einig, dass internationale Journalisten gezielt nach Düsseldorf geholt werden müssen, um Einkäufer zu begeistern. Dazu eine starke Gala, und dann wäre man schon einen Schritt weiter.
Die modischen Muskeln dieser Stadt müssen öffentlichkeitswirksam präsentiert werden, das steht fest. Mirjam  Dietz sagt: „Wir müssen es schaffen, Menschen zusammenzubringen, die wissen wie diese Stadt aufgestellt werden muss.“ Und sie räumt ein: “Ich habe in Düsseldorf Igedo auf der Stirn, aber Igedo ist nur ein Teil des Puzzles, wichtig zwar, aber eben nur ein Teil.“
Das ist Schalmeienklang für die Ohren von Hans Wiethoff: „Unter diesem Aspekt macht es Sinn, von ‚Alle in einem Boot‘ zu reden.“ Er schwärmt von internationaler Präsentation, von einer stilvollen Roadshow etwa, mit der Düsseldorf Licht auf sich ziehen könnte.“
Wenn die Stadt bei ihrer Neupositionierung auf Impulse von Albert Eickhoff hofft, müsste sie ihn wohl hofieren. Denn der Altmeister kokettiert mit der Hauptstadt: „Jetzt ist sogar Berlin an mich herangetreten, ob ich mich zur Berliner ‚Fashion Week‘ einbringen würde, da man davon ausgeht, durch mich zusätzliche Gäste nach Berlin zu bekommen.“
Wolfgang Osinski

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