Modestandort Düsseldorf: Der Marketing Club diskutiert über die DNA dieser Stadt. Heute: Die Mode im Marketing-Tief
Juli 8, 2010 by osi
Am kommenden Montag, dem 12. Juli, diskutiert im Forum NRW auf Einladung des Marketing Club Düsseldorf ein illustrer Kreis über die Mode-DNA dieser Stadt. Dabei: Dr. Adrian Kiehn, Generalbevollmächtigter P&C, Tina Müller, Corporate Senior Vice President, Henkel/Schwarzkopf, Annette Weber, Chefredakteurin Instyle, Frank Dopheide, Chairman, Grey, Werner Lippert, Direktor NRW-Forum und Marketingfachmann. Es moderiert Prof. Dr. rer. pol. Ekkehart Baumgartner.
Im Magazin des Marketing Club Düsseldorf sind zur Vorbereitung des Themas drei Beiträge erschienen – von Mirjam Dietz (cpd), Hans Wiethoff (Showrooms) und von Wolfgang Osinski* der als Beirat des Marketing Club die aktuelle Situation zugespitzt verdeutlicht. Morgen und Montag werden die weiteren Beiträge eingestellt. Aktuell: Die Grafik unten (Scan der letzten Seite der BILD von heute) zeigt, wie eine Modestadt Glamour entfalten kann.
Die Stadt Düsseldorf hat ein Problem. Sie hat so viele Schokoladenseiten, dass man überall lecken könnte. Doch es fehlt der Biss. Die Stadt wird derzeit vermarktet wie ein Gemischtwarenladen.
Düsseldorf sieht sich als „internationale Kunstmetropole“, und die Stadt unterstützt die Quadriennale mit fünf Millionen Euro. Gut so und kein Etikettenschwindel – in Anbetracht der Künstler, deren Kreativität sich hier entfaltet hat.
Düsseldorf sieht sich als die Werbemetropole Deutschlands – völlig zu Recht mit rund 1000 Agenturen, darunter viele mit Renommee. Keine Stadt bietet mehr.
Düsseldorf rühmt sich der „längsten Theke der Welt“ und damit der Gastlichkeit. Altstadt, Oberkassel, Medienhafen, neue Szenen – Düsseldorf ist schick für Schlemmer, keine Frage.
Dann der Claim der „Sportstadt Düsseldorf“: Der Weltklasse-Event „PSD Bank Meeting“, Fortuna, DEG & Co, dazu Ski-Langlauf, Metro-Marathon und mehr – so engagiert Stadt und Unternehmen auch erfreulicherweise sind, ist auch dies nicht das USP für Düsseldorf.
Dann die Modestadt Düsseldorf, unser aktuelles Thema. Ja, das sitzt. Düsseldorf präsentiert dauerhaft 3000 Kollektionen von rund 1000 Designern. Düsseldorf ist die Nummer eins im Modeangebot – 400 permanente Showrooms, die cpd, Halle 29 von Gerry Weber, Fashion House und – nur einen Steinwurf entfernt – die Modehäuser in Neuss. Das umreißt ein Angebot, das weltweit seinesgleichen sucht. Doch der Modestandort Düsseldorf ist unser aktuelles Sorgenkind.
Die cpd, sagen Kritiker, und Fakten bestätigen das, befindet sich im Abwind und hat mehr als 80% seiner Aussteller verloren. Die Stadt ist halbwegs ratlos und gründete mit Fashion Net e.V. einen Verein, der die Modestadt Düsseldorf „aufbrezeln“soll.
Mitglied im Verein ist kein wesentlicher Retailer, kein High Fashion-Hersteller, kein Fachjournalist. Ob das zielführend ist, darf gefragt werden.
Hier gehört mehr modischer Sachverstand rein, denn die Modewelt hat sich seit IGEDO-Hochzeiten massiv gewandelt. Deshalb muss nicht die Besitzstandswahrung, sondern der Prozess der konstruktiven Veränderung mit knallharter Orientierung an der Modewirtschaft und dem gewandelten Konsumverhalten im Mittelpunkt stehen.
Bisherige Aktivitäten von Fashion Net und „Voices of Fashion“, entfalteten ihre Wirkung lokal und nicht international. Das ist nicht der Defibrillator für das Image der Modestadt Düsseldorf. Suzy Menkes, die Modepäpstin von der International Herald Tribune, oder Anna Wintour von der Vogue sind so nicht zu beeindrucken.
Sexy und VIP-relevant im Modesektor sind in Düsseldorf nur zwei Events: die Feste der Familie Eickhoff und der Vogue- Empfang im Regierungsschlösschen. Auch Albert Eickhoff vermisst den Glamour in der Modestadt Düsseldorf und sorgt sich, dass Berlin uns den Rang ablaufen könnte.
Was ist der Ausweg? Hans Wiethoff, der die Showrooms vertritt, sieht den international etablierten Begriff der „fashion week“ Düsseldorf als Titel mit Strahlkraft für alle modischen Aktivitäten in Düsseldorf. Seine These: Die cpd entfalte nur noch wenig Zugkraft. In die gleiche Kerbe haut Eickhoff in der Rheinischen Post: „Modemesse ist 80er Jahre“.
Die Stadt Düsseldorf muss ihre Wirtschaftsförderung in Sachen Mode noch konzentrierter betreiben als bislang. Mit dem gehörigen Sachverstand, mit Einbindung der im Modekreislauf bedeutenden Entscheider, muss das Fashion Net zu einer Runde werden, in der mit ausgeprägterem modischem Know-how Tacheles geredet wird.
Oberbürgermeister Dirk Elbers wäre gut beraten, die Themen Mode und Stadtpositionierung zur Chefsache zu machen. Zwei Gründe sprechen dafür:
- Das Modethema ist für Düsseldorf eher DNAträchtig als alles andere.
- Rund um Mode fühlen sich Kultur und Gastlichkeit wohl. Mode bringt Besucher, das freut den Einzelhandel, füllt Hotels, Restaurants und Kneipen und beglückt die Taxifahrer. Die Luxushotels sind derzeit begeistert, wenn sie über die 60%-Auslastung kommen. Früher lagen zu IGEDO-Zeiten sogar Hotelschiffe in Dreiherreihen am Rheinufer.
Doch was ist mit der Vermarktung als Gemischtwarenladen? Soll Düsseldorf sich allein über Mode definieren? Nein, der Rahmen sollte größer gesteckt werden. Ist nicht eher ein Begriff wie etwa „City of Style and Innovation“, die international zu verstehende Inszenierung der Stadt als weltoffene Metropole, in der Kreativität sprudelt, ein Ansatz?
Das Düsseldorfer Image – ein frühlingshaft bunter Garten der Lebensfreude und -qualität – und mittendrin der starke Modebaum mit Strahlkraft. Mode, Schönheit, Luxus, Glamour, Gastlichkeit und Lust am Leben, das ist der Stoff, aus dem die Imagedecke Düsseldorfs neu gewirkt werden muss. Ein spannendes Thema für alle Marketers. Die Clubveranstaltung im NRW-Forum am 12. Juli will sich erst mal das Thema Mode vorknöpfen.
* Wolfgang Osinski ist über seine Firma osicom GmbH Inhaber dieses Blogs und geschäftlich mit keinem Unternehmen der Modewelt verbunden.
Für Düsseldorf ist es ein wahrer Segen. Schließlich werden so vor allem Jungdesigner in die Stadt gezogen. Das bringt neuen Pepp ins Stadtleben. Und (auch international) kann sich die Stadt profillieren und sich einen Namen machen.