Interconti-Chef Jörg T. Böckeler über Wege aus der Krise
Oktober 5, 2009 by osi
Jörg T. Böckeler (Mitte) im Zentrum seines neuen Restaurants Péga – im Interview mit Anke Kronemeyer, Redakteurin der Rheinischen Post
Törtchen von der norddeutschen Barbarie-Ente an Quittenchutney, Kalbsrücken unter der Steinpilzkruste und Kartoffelsoufflé in Trüffeljus, Variationen vom rheinischen Apel – Streusel, Mousse, Sorbet – mehr als 50 Mitgliedern des Marketing-Club Düsseldorf und Journalisten wurde heute außer Champagner auch ein erstklassiges Menü serviert. Anlass war die Einladung des Clubs in das neue Restaurant Péga des Hotels Intercontinental an der Kö. Auf dem Programm: Interconti-Chef Jörg T. Böckeler als Sprecher zum Thema Hotelkrise in Düsseldorf.
Der Hotelchef machte den kritischen Marketeers deutlich, dass er sowohl ein Restaurant auf Erfolgskurs als auch an Marketing-Stellschrauben zu drehen weiß.
Wirtschaftskrise weltweit, da bekommt auch das Düsseldorfer Hotel-Juwel Kratzer: „Die Zahl der russischen Gäste ist stark zurück gegangen, arabischer Tourismus findet nicht mehr statt“, bekannte Böckeler. Statt sonst sieben, acht Wochen Aufenthalt an der Kö zu buchen, reisten Araber nach spätestens vier Wochen wieder ab. Auch der Touristenstrom aus USA und Grossbritannien sei versiegt, sagte Böckeler. Als besonderer Umsatzkiller hätten sich die Schweinegrippen-Fälle in der japanischen Schule erwiesen, die Düsseldorf weltweit einen oberen Platz auf der Gefährdungsliste einbrockten.
Die Bauarbeiten in Düsseldorf führten dazu, dass anreisende Gäste per Navi gelegentlich auf Irrfahrten geschickt werden, aber: „Düsseldorf ist eine Stadt im Wachstum und setzt auch auf Veränderungen baulicher Art.“
Befragt nach der Rolle von Düsseldorf Marketing und Tourismus (DMT) übte Böckeler unterschwellig Kritik, hier fehle „die fesselnde Story“ in der Ansprache. Nichts finde er weniger überzeugend als wenn man sich als im Marketing „breit aufgestellt “ betrachte.
Zur Positionierung des Hotels in der Stadt gehört für Böckeler auch das Restaurant. Böckeler: „Wir haben mit der Küche experimentiert, mit Ölen und Salzen gearbeitet, überlegt wie wir die Grätsche schaffen zwischen dem Service für den Hotelgast, der seine Seele mit einem Club Sandwich oder Hamburger balsamieren möchte und dem Düsseldorfer, der was erleben will.“
Das Preis-Leistungsverhältnis sei für ihn das A und O, sagte Böckeler und nannte auch die Unterpreise für Übernachtungen in seinem Haus – in der Woche 225 Euro als erforderliches „Grundrauschen“, wenn alle Services auf top Niveau gefahren werden sollen, am Wochenende 199 Euro. Würden die drei Kö-Hotels ihr Preisniveau nicht halten, so glaubt er, hätte dies negative Auswirkungen für die gesamte Düsseldorfer Hotellerie.
Der Interconti-Chef, in diesem Jahr als Hotelmanager des Jahres ausgezeichnet, nannte als Beispiel für die Event Location Intercontinental die erste „Vertical-Gallery-Ausstellung“ in Verbindung mit dem von Böckeler unterstützten NRW-Forum. Arbeiten der Fotokünstlerin Esther Haase sind im Haus auf allen Etagen zu sehen sind – museumsgerecht gehängt, wie der Kunstliebhaber nicht ohne Stolz betonte. Das Kunstniveau sei in Düsseldorf extrem hoch, so dass er entschieden habe: „Da müssen wir mitmachen.“ Mit dem Kurs, das Hotel durch solche Aktionen und durch ein hervorragendes Restaurant bei den Düsseldorfern populär zu machen, will Böckeler auch ausbleibende Umsätze kompensieren.
Das letzte Jahr sei das beste Messejahr der letzten zehn Jahre gewesen. Die Messe mache einen „extrem guten Job“ mit ihren vielen weltweiten A-Messen, auch der Flughafen sei top positioniert.
Sein Ziel für das Interconti sei „mindestens Nullwachstum“, auch wenn der Düsseldorfer Hotelmarkt gegenüber dem letzten Jahr um 48 % im Minus sei. Mit Aktivitäten wie der Gründung eines Medical Advisory Board, das Leistungen bündele und vermittle, wolle er etwa den Medizintourismus beflügeln.
Eines glaubt Böckeler geschafft zu haben: das Kölner Hyatt zu übertrumpfen: „Denen haben wir den Rang als führendes Rock’n Roll-Hotel abgelaufen, wir haben hier mehr Stars an der Kö.“ Die Künstler machten dabei die beste Werbung für das Haus: Keine Paparazzi, Diskretion, voller Service nach Wunsch…
Das im Medienhafen wachsende Düsseldorfer Hyatt, bekannte Böckeler allerdings, „erwarten wir mit ein wenig Anstschweiß, es hat eine ähnliche Produktphilosophie und fischt in exakt demselben Becken.“ Da werde Aufgabe sein, den Standortvorteil herauszuarbeiten – direkt an der Kö, „der besten Einkaufsmeile Deutschlands“.
Böckeler und Marketing-Club-Präsident Dirk Krüssenberg begrüßten unter anderen: die Hoteldirektoren Alarik Graf Wachtmeister (Chef Holiday Inn Hotels der Region), Thomas Swieca (Radisson im Medienhafen), Pelz-Couturier Percy Müller und Chocolatier Richard Heinemann.
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